Baobei hört auf!

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Baobei
Baobei hört auf!

Tag 1 (Vorbereitung und Start)

Jetzt ist er also da - der Tiefpunkt, den der Süchtige braucht, um mal ernsthaft in die Gänge zu kommen und eine gewisse Leidensbereitschaft aufzubringen.

Eigentlich hatte ich gedacht, mein Tiefpunkt wäre erreicht gewesen, als ich mit Hilfe heißer Asche meine Mülltüte in Brand gesetzt hatte. Aber so'n richtiger Kettensuchtraucher ist tough - und schließlich, was war schon passiert? Ein paar Gläser Wasser draufkippen, Sauerei beseitigen, halb so wild. Fand ich so am nächsten Morgen und zündete mit eine Zigarette an.

Nun stelle ich allerdings seit ca. einem halben Jahr fest, dass meine körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr schleichend, sondern rasant abnimmt - so sehr, dass ich meinen Alltag kaum noch bewältigen kann, jedenfalls den Teil, der mit Bewegung verknüpft ist. Ich muss täglich mindestens einmal einkaufen gehen (Singlehaushalt!), weil ich Einkäufe nur noch in Minimengen die Treppe raufschaffen kann (5. Stock, kein Aufzug). Ich kann auch nur noch in dem Teuerladen an der Ecke einkaufen gehen (kein Auto, keine Puste. Ritsch-Ratsch-Hausputz am Samstagmorgen? War einmal. Funktioniert nur noch in 5-Minuten-Einheiten über sämtliche Tage der Woche verteilt. Meine 80-jährige Mutter (Nieraucherin) ist zehnmal fitter als ich. Mein biologisches Alter möchte ich gar nicht kennen.

Natürlich habe ich schon ein paar Kurzversuche hinter mir, aber die waren total halbherzig. Ich wollte zwar gerne Nichtraucherin sein, das ganze Geld sparen und die übrigen Vorteile einheimsen - aber es durfte "nix kosten". Der Entzug musste nebenwirkungsfrei sein, weder Konzentrationseinbußen noch Extrapfunde noch Unlustgefühle bewirken. Also in etwa dem entsprechen, was Alan Carr verspricht bzw. versprochen hat. Habe auch brav alle seine Bücher gelesen und ein teures Seminar besucht, hat aber nicht geklappt. Meine anfängliche Euphorie war schnell verpufft, nämlich sobald der körperliche Entzug einsetzte und ich wie Hein Blöd an meinem Schreibtisch saß und nicht mal mehr eine Routineübersetzung hinbekam.

Diesmal gehe ich die Sache ohne jede Euphorie an - ich fürchte mich geradezu vor Euphorie, denn darauf folgt unweigerlich irgendein Absturz. Ich habe schon mal auf dem Sofa gesessen und gedacht "Gott, ist das schön nicht mehr zu rauchen!" und im gleichen Moment nach den Zigaretten getastet, um dieses Hochgefühl - wie gewohnt - durch ein paar kräftige Züge zu toppen.

Mein Plan für die nächsten Tage lautet ganz simpel: erstmal einfach durchhalten, Stunde für Stunde, und meinen bisherigen "Rekord" von 16 Stunden Biggrin brechen. Wenn ich was Sinnvolles zustande bringe - prima, wenn's nur zum Zeittotschlagen reicht, meinetwegen. Anderen Süchtigen steht ein Rundumentzugssupport zur Verfügung. Als Raucher muss man das in seinem Alltag hinbiegen, so man nicht zu den Gutbetuchten zählt und sich eine private Langzeittherapie leisten kann. Insofern kann ich mir ruhig mal ein paar unproduktive Tage zugestehen.

Jetzt lese ich noch ein bisschen in anderen Tagebüchern rum, während ich meine letzten 4 Zigaretten rauche.

Den genauen Startpunkt notiere ich nachher.

 

 

 

Wenn mir aber was nicht lieb - weg damit! ist mein Prinzip (W. Busch)

Baobei
Hilfsmittel/-strategien:

Hilfsmittel/-strategien:

- viel Wasser mit etwas frischem Zitronensaft und grünen Tee trinken (schmeckt mir und soll entgiftend wirken)

- aufwändig kochen, d. h. viel Gemüse schnippeln, selber Nudeln machen etc. (Devise: mehr Arbeit pro Kalorie, wobei mich eine Zunahme von 5-6 Kilo aber nicht kratzen würde. Trotzdem: Übergewichtig will ich nicht werden, dann komme ich wieder die Treppe nicht hoch).

- bei Unruhe: Putzen, Schränke und Schubladen ausmisten. Steigert Wohlbefinden und Zufriedenheit. Letzteres kann auch längst verloren geglaubte Schätze wieder ans Tageslicht befördern.

- Kreuzworträtsel lösen. Habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht, weil ich mir dann immer wie meine Urgroßtante Luise vorkomme. Es ist irgendwie blödsinnig, beschäftigt aber Kopf und Hände und könnte etwas sein, das gegen die Orientierungslosigkeit nach dem Aufwachen hilft. Normalerweise setze ich mich nach dem Aufstehen erstmal hin und rauche/trinke Kaffee, weil ich mich nicht kopfüber in den Tag stürzen kann. 

- Fenster aufreißen und frische Luft atmen (Luft anhalten und Lungen dehnen, das tut gut, habe ich schon ausprobiert), evt. Spazierengehen (ohne Geld, versteht sich. Ich wohne in der Innenstadt, da gibt es alle naselang ein Büdchen).

- Lesen (aber Augen auf bei der Wahl der Lektüre. Vielleicht lese ich mal wieder "Tom Jones", da qualmt niemand)

- evt. fernsehen

Für die Statistik: heutiges Gewicht 60,2 Kilo (bei 1,67 m ganz gut für mein Alter). Ich wiege mich fast nie, bin aber eben extra mal auf die Waage geklettert, damit ich später weiß, was mich der Rauchstopp tatsächlich an Zusatzkilos gekostet hat.

Letzte Zigarette ausgedrückt: 08. Februar 2020 - 17.45 Uhr

Jetzt bin ich irgendwie neugierig, wie die ersten 24 Stunden verlaufen werden.

 

 

 

Wenn mir aber was nicht lieb - weg damit! ist mein Prinzip (W. Busch)

Baobei
Tag 2

Tag 2

Die ersten 24 Stunden sind geschafft, und ich freue mich darüber.

Seit gestern abend habe ich Kopfschmerzen, liegt aber am Wetterwechsel, nicht am Entzug. Wahrscheinlich wären die Kopfschmerzen viel schlimmer, wenn ich rauchen würde.

Als Entzugserscheinung nehme ich wahr:

1.) Benommenheit/wattiges Gefühl im Kopf

2.) Frieren und

3.) eine gewisse untergründige Anspannung

Der Tag ist so verlaufen wie geplant. Als ich heute morgen wach wurde, war ich sehr froh, dass mir die Idee mit dem Kreuzworträtselheft gekommen war. Das war wie so ne Art Anker. Ich fühlte mich nach dem Aufwachen überhaupt nicht wohl (schlecht geträumt) und wäre sonst vielleicht direkt zum Kiosk gestürzt, sozusagen im Halbschlaf und bevor der Verstand intervenieren kann.

Jedenfalls habe ich die Zeit rumgebracht. Ich hab kannenweise Tee getrunken, ein paar Rätsel gelöst, in der Wohnung rumgeputzt...

Jetzt beginnen die nächsten 24 Stunden.....

Wenn mir aber was nicht lieb - weg damit! ist mein Prinzip (W. Busch)

Rockin' Chris
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Hallo Baobei,

Hallo Baobei,

schön, dass du dich entschlossen hast, nicht mehr zu rauchen. Bei Bedarf komm hierher. Hier gibts nicht nur virtuellen Kuchen en masse... sondern auch Ratschläge, Streicheleinheiten, Kopfwäsche (von mir Unterbodenwäsche... ) und eigentlich alles. Wir sind hier alle durch die Entzugshölle gegangen... Wir wissen also, was gerade bei dir 'los' ist. Halte durch! Wir sind bei dir!!!

ROCK'N'ROLL und herzlich Willkommen!

​If you like to gamble, I tell you I'm you man

​You win some, lose some, it's all the same to me

josefine
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Herzlich Willkommen hier im Forum!

Ich kann mich dem Chris nur anschließen: Wenn es Dir nicht gut geht, dann komm hierher. In Dein Tagebuch oder in das der anderen User. Schreib' was Dir auf dem Herzen liegt und wir wissen hier ALLE wie es sich anfühlt, nicht rauchen zu können / zu wollen / zu dürfen und die Gedanken drehen sich nur noch um diese verdammten Zigaretten - irgendwie ist der Lebensmittelpunkt ausgelöscht.

Doch es lohnt sich und Du wirst sehen, irgendwann liest Du Deine anfänglichen Texte und lächelst - bist solz, soweit gekommen zu sein. 

Ich freu' mich auf Dich und Deine Geschichten - JOSEFINE    Smile

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Josefines Welt

Gerd
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Hallo und herzlich willkommen

Hallo und herzlich willkommen im Forum.

Es ist nicht immer einfach mit dem Nicht Mehr Rauchen! Das weiß hier jeder. Dein Anfang ist super und darum - weiter so. Ich drücke Dir alle vier Daumen (einbezogen der großen Zehen).

Grüße vom Foren-Opa

Baobei
Tag 3

Tag 3

Zunächst mal vielen Dank für Eure freundlichen und aufmunternden Worte! Sollte es mir schlecht gehen, werde ich Eure Geduld hemmungslos strapazieren. *biggrin*.

Die zweiten 24 Stunden sind gleich rum, womit ich also die ersten 48 Stunden geschafft hätte.

Ehrlich gesagt: Es geht mir gut!

Meine geistige Leistungsfähigkeit ist zwar eingeschränkt, ich bin ziemlich benommen, habe leichte Sehstörungen, bin zwischendurch auch unruhig - aber ich konnte schlafen, meine Verdauung funktioniert wie immer und an meinem Essverhalten/Appetit hat sich nichts geändert.

Das Verlangen nach einer Zigarette ist zwar in den Tiefen meines Gemüts irgendwie da, lässt sich aber gut kontrollieren. Ich schiebe den Gedanken kategorisch beiseite, lasse mich nicht auf innere Diskussionen ein. Das Thema ist ausdiskutiert.

Bei Unruhe laufe ich einfach in der Wohnung auf und ab und auf und ab - raus kann man ja dank Orkan "Sabine" derzeit nicht. Tee und Wasser sind meine wichtigsten Verbündeten. Ich muss zwar alle 10 Minuten zum Klo, aber egal.

Ich habe mal gelesen - ich glaube, in dem Buch von Joel Spitzer -, dass ein Nikotinentzug nicht nur von Person zu Person unterschiedlich verläuft, sondern dass auch dieselbe Person verschiedene Entzüge unterschiedlich erlebt, was sich mit meinen Erfahrungen deckt. Dieser Entzug scheint einer von der leichteren Sorte zu sein - eine Chance, die ich nicht vergeigen möchte.

Im Moment tue ich etwas, von dem praktisch jeder Raucher träumt, von dem ich immer geträumt habe - ich höre mit dem Rauchen auf! Unglaublich!

In diesem Sinne mache ich mich mal an die nächsten 24 Stunden.

LG Baobei

 

Wenn mir aber was nicht lieb - weg damit! ist mein Prinzip (W. Busch)

alberich
Willkommen auch von mir.Das

Willkommen auch von mir.
Das klingt doch alles richtig gut.
Als alter Skeptiker möchte ich fast sagen "zu gut".

Also immer schön demütig bleiben und  mit allem rechnen und zwar zu jeder Zeit. Die erste Woche ist erst einmal das Schlimmste. Da kann man tatsächlich nur versuchen irgendwie, in Trance, durchzukommen.Schritt für Schritt. Minute für Minute.
Ist in dem Stadium eh alles nur Reflex. Auch das eventuelle Verlangen. Einfach ignorieren, und wenn es schwer fällt einfach imaginieren, dass man an seiner eigenen Beerdigung nur in einer Kiste teilnehmen kann und dann noch nicht mal mehr was mitbekommt. Wer alles da war, die Musik, das Wetter, die Blumen und so....Frechheit.

Also immer Schritt für Schritt. Erstmal das Nikotin und den körperlichen Entzug loswerden und dann wieder so langsam loslegen mit leben. Aber das weißt du ja alles schon lange...

Das klingt wirklich alles gut bei Dir. Es scheint so, als dass Du innerlich wirklich an dem Punkt angekommen bist wo "Ende Gelände" ist. So schön rauchen auch sein mag, aber man bezahlt halt einfach mit dem Leben, und das ist es einfach nicht wert.

Und Schmacht und so wird einfach überbewertet. Ich bin jetzt seit knapp 7 Jahren rauchfrei und hab immer mal wieder Schmachter, sehne mich nach einer Kippe davor, danach, dazu, einfach nur so, weil es so schön ist, usw.
Das geht einfach nie weg und ist gar nicht mehr schlimm. Dauert auch imme rnur ein paar Sekunden und hat mittlerweile was anekdotisches.
Warum? Weil es mir damals so ging wie dir. Es war einfach mal gut jetzt. Der Mist muss einfach, so schön es auch gewesen sein mag, irgendwann mal aufhören und nu' is' soweit bei Dir.

Als, bleib tapfer und sag' Dir immer dass du nur gewinnen kannst. Alles was Du verlierst ist die Angst vor miesen Krankheiten und zu früh zu Sterben und auch noch dran Schuld zu sein.
Was gibt es da zu überlegen..... Blöd ist ja ganz schön, aber das geht nun wirklich zu weit.

Zieh' s durch.

Smile

Rockin' Chris
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Keine Sorge... wir sind hier.

Keine Sorge... wir sind hier... wenn auch nicht 24/7 Wink 

Glückwunsch für die ersten, schweren 48 Stunden (mittlerweile mehr). Wie schon Alberich richtig bemerkt hat... immer kleine Brötchen backen... immer damit rechnen, dass man erneut gegen den Tabaksteufel kämpfen muss... er wartet nur auf eine schwache Minute...

wir sind bei dir... und in ca. 363 Tagen darfst du ins umjubelte Nichtraucherschloss ziehen Biggrin dort ist ständig Party Biggrin

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josefine
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Hallo Baobei!

Das hört sich wirklich sehr gut an. Und ich wünsche Dir, dass es auch weiterhin so gut läuft. Ich habe damals gelitten wie ein Hund. 10 Monate Qual. War nicht so prickelnd. Dir wünsche ich, dass Du es einfacher hast.

Aber pass' trotz allem auf. Manchmal lauert die Sucht hinter einer Ecke und kommt unvermutet hervorgesprungen. Kann sein - muss aber nicht.

Du darfst natürlich auch gerne schreiben, wenn es Dir gut geht. Dann trinken wir hier gemütlich einen Kaffee zusammen, futtern Kuchen und unterhalten uns über Dinge, die uns gerade so beschäftigen. Oder machen eine Schneeballschlacht - wie es gerade passt.

Dir einen wundervollen dritten Tag als Nichtmehrraucher und "Sabine" geht langsam die Puste aus. Gut so!

Josefine    Smile

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Josefines Welt

Baobei
Lustige Nacht

Lustige Nacht

Huhu, liebe Leute,

gestern abend habe ich mich mit meiner Kuscheldecke aufs Sofa verzogen und Bares für Rares eingeschaltet. Das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass einige Leute in meinem Wohnzimmer laut miteinander gestritten haben. Unerhört! Mit den Worten "Haltet doch mal die Klappe" hab ich mich rumgedreht und weitergepennt. Wie und wann ich es geschafft habe, den Fernseher auszuschalten, meine Kontaktlinse rauszunehmen und in mein Bett zu gelangen (immerhin eine Treppe höher), weiß ich nicht mehr. Filmriss! Jedenfalls bin ich dort gegen halb 8 (also nach ca. 12 Stunden Schlaf) in voller Montur (Jeans, Winterpulli...) aufgewacht.

Das sind wirklich keine normale Zeiten. Eben wollte ich Tee kochen - ich habe Wasser aufgesetzt, die Kanne präpariert, das Wasser eingegossen, nach 5 Minuten die erste Tasse Vanilletee eingegossen..... Blöd war nur, dass ich den Teebeutel in den Müll geschmissen und das Papiertütchen in die Kanne gelegt hatte! Scratch one-s head

Etwas in der Art passiert dauernd. Ich gehe in die Küche, um etwas zu holen... und stehe dann dort wie bestellt und nicht abgeholt, weil ich vergessen habe, was es war. Ich nehme den Staubsauger auseinander und schaffe es nicht, die ganzen Filter nach der Reinigung wieder einzusetzen und die Bürsten wieder zusammenzubauen. Ich konnte mich gestern nicht erinnern, wie meine Cousine heißt, mit der ich zusammen aufgewachsen bin. Ich zerdeppere Geschirr, krieg meine Schnürsenkel nicht mehr aufgeknotet und die Rundbürste beim Fönen nicht mehr aus dem Haar (falsche Drehrichtung) - Kurz: Ich bin derzeit zu nix zu gebrauchen, ungeschickt und grenzdebil.

Ist auch eigentlich nicht schlimm. Mein innerer Kritiker (kein sonderlich vernünftiger Kerl) ist allerdings nicht ganz zufrieden mit mir und findet, dass ich ein bisschen viel Tamtam um so ein bisschen Entzug mache...  "Du sitzt auf dem Sofa, löst Kreuzworträtsel, schläfst den halben Tag, zerstörst unseren Besitzstand, säufst Wasser in unfeierlichen Mengen (wer soll denn das alles bezahlen?) und hältst das im Ernst für eine Leistung?" - Ich versuche, den Nörgler leise zu drehen, aber ganz abstellen lässt er sich nicht.

LG Baobei

 

 

 

Wenn mir aber was nicht lieb - weg damit! ist mein Prinzip (W. Busch)

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