Vor genau vier Wochen bin ich aufgewacht und rauche seit dem nicht mehr. Allein der Gedanke an die unvorstellbar lange Zeit macht mich stolz und glücklich.

Ich habe erst mit 18 angefangen zu rauchen, davor hatte ich unzählige Kämpfe mit meinem rauchenden Vater, der es nicht einsehen wollte, auf dem Balkon zu rauchen. Tja, dann habe ich es mehrere male selbst versucht, und als es auf Lunge klappte, fand ich das Schwindelgefühl so toll .. tja, das war der Anfang meiner Karriere.

Ich habe immer auf DAS Argument gewartet, mit dem ich sofort aufhören konnte. Geld, Gesundheit, Kontrolle - das waren zwar welche, aber nie ausschlaggebend. Allerdings war ich nie glücklich mit dem Rauchen. Ok, die eine Sonnenuntergangs-Zigarette am Strand, oder nach einem guten Essen, zum Entspannen .. In der letzten Zeit hatte ich öfters Lungenschmerzen .. und selbst das war kein ausschlaggebendes Argument.
Ich habe eine 13jährige Beziehung hinter mir, und nun wurde es Zeit sich zu trennen. Und genau davor hatte ich Angst: Auf eine gute Freundin verzichten. Sie war doch immer für mich da.

Ich versuche den letzten Monat zu beschreiben. Mein einziges Hilfsmittel war mein mp3-Player. Es gibt es Seminar "Nichtraucher in 5 Stunden". Vor fünf Jahren gab es im Radiosender Fritz eine dreistündige Fassung davon. Davon habe ich eine Aufnahme. Das ganze ist recht ähnlich zu Alan Carr. Ich habe diese Aufnahme mind. 20x gehört. Kann es jedem empfehlen und auch zukommen lassen.

Es war mal wieder so ein typischer Abend. Unzufrieden mit dem Rauchen. Gehe ich noch zur Tanke oder lasse ich es. Aufhören schaffe ich es doch eh nicht. Wie viele Versuche gab es schon allein in diesem Jahr? Aber man soll ja nicht aufgeben. Ich rauche feierlich meine letzte Kippe. Ab ins Bett.

Nächster Tag: Ich brauche Bewegung. Zu Hause werde ich sonst bekloppt. Kamera dabei. Mp3-Player eingepackt. Mit dem Bus zum Brandenburger Tor. Zu Fuss brauche ich gute zwei Stunden nach Hause. Spätestens mittags werde ich immer nervös. Und auch diesmal füllt sich mein Kopf immer mehr mit Watte. Allerdings bin ich zu Fuß unterwegs, höre brav die Radiosendung, kann schon fast mitreden. Und wie der Sprecher einen motivieren kann.

[i:3d09da0f24]In den ersten Tagen[/i:3d09da0f24] war ich entweder im Bett oder draußen. Zu Fuß oder auf dem Fahrrad. Hauptsache nicht zu Hause. Die Bewegung hat mir ziemlich viel geholfen. Man soll es aber auch nicht übertreiben. An einem besonders schlimmen Schmachter habe ich 15km zu Fuß hinter mich gebracht - danach gehts mir super, aber die Beine/Füße waren nicht so glücklich damit.
Wasser trinken hat mir auch ziemlich gut geholfen. An manchen Tagen habe ich bis zu 8l getrunken. Aber der Durst nach Zigaretten lies nach.
Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass die Zeit extrem langsam läuft. Ich kann mich nicht konzentrieren, ich selbst bin total langsam im Kopf. Vergesse Dinge. Kopf voller Watte. Ein seltsames .. aber auch witziges Gefühl. Wenn der Janne stoned sein will, hört er mit dem Rauchen auf.
Ich hatte dann Schreckmomente: Ich esse einen Keks, und fahre erschrocken hoch, weil ich felsenfest überzeugt bin, der Keks sei eine Zigarette. Komisch. Der Moment war nicht so komisch.

[i:3d09da0f24]Am dritten Tag[/i:3d09da0f24] hatte ich diesen Beziehungsvergleich. Wie oben schon geschrieben. Das Gefühl sich von der Zigarette zu trennen war für mich wie eine Beziehungstrennung. Mein Leben war komplett darauf eingerichtet. Und nun war das vorbei. Vor zwei Jahren habe ich eine Trennung durchgemacht. Ich dachte mein Leben würde nie wieder funktionieren. Und nun schaue ich mich an, und mir geht es besser denn je. Und genau dieses Gefühl half mir dabei, die Kippe zu überstehen.
Oder was sagte mein mp3-Player: Jede Grippe ist schlimmer.

[i:3d09da0f24]Am vierten Tag[/i:3d09da0f24] traf ich mich mit Freunden. Flughafen Tempelhof, schönes Wetter. Sommer. Radler. Und Raucher. Davor hatte ich ein wenig Angst. Allerdings war das absolut kein Problem. Bis heute habe ich weniger Probleme, wenn Raucher dabei sind, als wenn ich allein zu Hause bin.

[i:3d09da0f24]Am fünften Tag[/i:3d09da0f24] fingen die Schlafprobleme an. Nach drei Stunden schlaf, wachte ich immer wieder auf bis ich einfach nicht mehr aushielt und aufstand. Mein Rekord war dann: Um vier Uhr morgens Kaffee trinken - drei Stunden geschlafen. Ich hatte eh frei, das war nicht wirklich ein Problem. Nachmittags habe ich mich meistens für eine Stunde hingelegt. Das hat sich nach einer Woche aber wieder geregelt.

[i:3d09da0f24]Die dritte Woche[/i:3d09da0f24] war die schlimmste. Vom Gefühl war es wie am ersten Tag ohne Zigarette. Ich merkte wie aggressiv ich wurde. Alles nervte mich. Ich schnautzte Freunde und Familie an. Ich hoffe, dass sie mir das nicht übel nehmen

Und nun habe ich die vierte Woche hinter mir. Auch wenn ich nun sagen kann, dass es einfacher war als gedacht, will ich das ganze nicht verharmlosen. Was mich aufregt, sind Ex-Raucher, die das Aufhören als total einfach abstempeln. Es gehört schon ein bisschen mehr als der Wille dazu. Und selbst als mir bewusst war, wie das Nikotin auf mich einwirkt, was es mir nicht möglich, das ganze zu lassen. Der "richtige" Moment gehörte da auch dazu. Und so komisch das klingt, den kratzenden Rauch in der Lunge vermisse ich noch immer.

Man darf nicht sofort an Wochen, Monate, Jahre denken. Dann wird man erschlagen von der Zeit. Eine Stunde nach der anderen. Ich rauche heute nicht. Und freue mich darüber.

Vorgestern sage ich laut in den Raum: "Dann rauche ich noch eine und ab ins Bett." Denke kurz drüber nach, lache.

Vielen Dank fürs Durchlesen, ich hoffe, es ist nicht zu wirr. Falls Bedarf besteht, kann ich mein Hörbuch "Nichtraucher in drei Stunden" gerne zum Download bereitstellen. Mir hat es mehr oder weniger geholfen.