Die Fluppen und ich

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Fluppidisk
Die Fluppen und ich

Ich bin hier Mitglied seit letzter Woche und möchte mich kurz vorstellen.

Mein Name ist Robert, ich arbeite in der IT-Branche und habe mit 25 Jahren angefangen zu rauchen. Davor habe ich aber viele Jahre passiv geraucht, weil ich in einem Raucheraushalt aufgewachsen bin.

Aber das hat mich nicht schlau gemacht und als ich als mittelloser Student ohne familiäre Unterstützung mein Leben selber finanzieren musste, habe ich, um mich zu betäuben, mit der Raucherei begonnen.

Am Anfang war es gewöhnungsbedürftig, aber schnell stieg mein Konsum auf  20 Zigaretten täglich, nach einem Jahr spätestens war ich voll drin. Mein Umfeld war auch sehr rauchfreundlich, überall gab es Aschenbecher. Ich lebte damals in einem Studentenwohnheim. Dort gab es, wenn ich mich recht erinnere, keinen einzigen Nichtraucherraum. Das heißt, nicht nur in den Aufenthaltsräumen, sondern auch in der Bibliothek, ja selbst in den Gemeinschaftsküchen durfte geraucht werden. Und ich gehörte jetzt dazu!

Früher hatte mich der Rauch sehr gestört, das war nun vorbei. Ich war jung, das Leben ging seinen Gang, und die Zigarette war ein fester Halt in stürmischer See. Bedenken und Kritik wurde folgendermaßen zerstreut:

(1) Rauchen ist ungesund, klar. Aber an irgendwas muss man ja sterben. Keiner lebt schließlich ewig, auch die Nichtraucher nicht.

(2) Das Schädliche am Rauchen sind ja alles Langzeitfolgen, das Leben liegt vor mir, und bis ich alt bin... wer weiß, was die Medizin bis dahin für Fortschritte gemacht hat.

(3) Rauchen fördert die Kommunikation. Man steht beieinander und raucht, klönt, auch mit Menschen, mit denen man normalerweise nichts zu tun hat. Dadurch ist man immer irgendwie gut drauf und im Fluss des Lebens.

(4) Beim Rauchen kann man sich besser konzentrieren und ist kreativer. Schließlich haben ja auch viele Künstler geraucht.

Und so weiter.

Später zog ich in eine WG in ein Zimmer, das durch die Vormieterin total gelb war. Ich habe die Decke über dem Schreibtisch drei Mal gestrichen. - Und weiter geraucht.

Eines Tages habe ich aufgehört. Ich saß in besagter WG an einem Wochenende allein am Frühstückstisch und hatte keine Zigaretten mehr. Also hätte ich nach dem Frühstück zum Kiosk tapern und welche holen müssen. Aber der Gedanke, dieses tun zu müssen, gefiel mir nicht. Ich hatte keine Lust und ließ es bleiben.

Ziemlich genau ein Jahr später hatte ich wieder Lust und rauchte weiter. Ich sagte mir, mal rauche ich, mal rauche ich nicht. Es kann sein, dass ich zwischendurch auch mal ein paar Tage nicht geraucht habe, vor allem, wenn ich im Urlaub oder in einer fremden Umgebung war. Aber immer wieder war ich schnell im Trott - mit Zigaretten.

Am meisten habe ich aber geraucht, wenn ich auch was getrunken habe, also eher am Wochenende. Da kann es schon sein, dass an einem Abend auch mal eine ganze Schachtel drauf ging. Weil ich dann aber am nächsten Tag einen mächtigen Kater hatte und mich kaum rühren konnte - erst abends schmeckten die Ziesen wieder - stieg der durchschnittliche Konsum nicht an.

Und ich wurde älter und älter.

Als ich 39 war, kam die Geschichte mit dem Arm, die ich schon im Tagebuch erwähnt habe, der Arm, der morgens, wenn ich aufwachte, immer eingeschlafen war. Hier war der Punkt erreicht, an dem ich zum ersten Mal den Impuls verspürte, wirklich mit dem Rauchen aufzuhören. nicht als Gag und Spielerei, sondern, weil es vielleicht wirklich besser so wäre. Weil es nicht anders geht, weil man älter wird. Weil man muss.

Und so hörte ich auf und entdeckte wie schwierig es doch ist. Dauernd kam mir in den Sinn, eine anzustecken. An der Haltestelle, auf dem Weg zur Arbeit.  Auf dem Weg nach Hause. Nach dem Ankommen zu Hause. Vor dem Essen, nach dem Essen. Beim Zeitungslesen. Beim Telefonieren. Beim Bier. Bei Freunden. Ca. hundert Mal habe ich pro Tag an eine Zigarette denken müssen. Aber die Durchblutung wurde besser, außerdem hatte einer meiner Freunde auch aufgehört.

Es ging mir ganz gut, aber es kamen mir in dieser Zeit (und hinterher) folgende Gedanken in den Sinn.

(1) Warum gibt es keine gesunde Zigarette?

(2) Wir müssen trinken, wir müssen essen. Wieso müssen wir denn nicht rauchen?

(3) Wenn ich weiniger rauche und/oder nur ab und zu, dann dürfte es doch nicht so schlimm sein.

(4) Rauchen ist schädlich, aber es wird doch übertrieben. Man sollte es doch realistisch sehen.

Und so weiter.

Also fing ich wieder an. Nicht mit dem Rauchen, sondern erst mit dem Rauchen wollen. Dann erst mit dem Rauchen.

Und hörte wieder auf, fing wieder an, hörte wieder auf und so weiter. Das kriege ich jetzt unmöglich auf die Reihe.

Das letzte Mal hörte ich dieses Jahr am 6. Januar auf. Die Einstellung hat sich gewandelt, weil ich deutlich gemerkt habe, wie das Gift (welches auch immer) mich schwächt. Der Entzug war relativ problemlos. Das lag wohl vornehmlich an der Angst, ernsthaft krank zu werden. Ich möchte lieber fit sein und das Leben genießen (und das geht auch ohne Zigaretten) als den ganzen Tag krank im Bett liegen. Ja, das ist wohl die beste, weil ehrlichste Antwort, warum ich es geschafft habe: weil ich Angst hatte. Angst, mein Kind nicht erwachsen werden zu sehen, Angst, aus eigener Dummheit heraus krank zu werden und auf andere angewiesen zu sein, Angst, meine Lebenskraft zu verlieren. So lange diese Angst bleibt, fange ich nicht wieder an. Aber ich weiß, dass ich auch leichtsinnig werden kann, oder sagen wir mal so: eher selbstvergessend. Daher bin ich hier und schreibe alles auf. Damit ich es nicht vergesse.

 

josefine
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Ich hab's gelesen und ich habe auch "nur" diesen EINEN Grund: Angst vor Krankheit.

Das Geld ist mir egal, es ist mir wurscht, dass ich mich zum Affen mache, wenn ich rauche  und immer wieder vor die Tür rennen müsste, um an einer Zigarette zu ziehen. Es ist mir auch schnuppe, dass ich dann zum Himmel stinken würde. Der Raucher riecht das ja nicht - wie wunderbar.

Wenn man mir heute sagen würde, Zigaretten machen nicht krank, ich würde sofort am Automaten ein Päckchen ziehen. DAS IST KRANK! Aber es ist die Wahrheit. Eine traurige Wahrheit, denn dann wäre ich wieder süchtig - wissentlich würde ich mich dieser Sucht ausliefern. 20 Jahre Nikotin gehen nicht spurlos an einem vorbei.

Und trotz all dieser Worte - pro Zigarette: Mir fehlt nix! Ich bin stolz und Du darfst auch stolz sein. Und ein gutes Beispiel für die Kinder ... Ich denke, Ex-Raucher leben immer irgendwie im Widerspruch. Schön, dass Du den Weg ins Forum gefunden hast - Vielleicht wirst Du nie wieder rauchen müssen. Ich wünsche es Dir.

Alles Gute für Dich und Dein Projekt ... Josefine

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Josefines Welt