Koalition einigt sich auf Rauchverbot in der Öffentlichkeit

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Koalition einigt sich auf Rauchverbot in der Öffentlichkeit

Koalition einigt sich auf Rauchverbot in der Öffentlichkeit

Union und SPD haben sich beim Streit über einen besseren Schutz für Nichtraucher auf einen Kompromiss verständigt. In allen öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, öffentlichen Verkehrsmitteln und Restaurants wird es ein grundsätzliches Rauchverbot geben. Für Kneipen, Clubs oder Bierzelte gilt dies aber nicht.

Berlin - Die Arbeitsgruppe habe sich auf einen mehrheitsfähigen Kompromiss geeinigt, sagte Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk "SPD) der "Berliner Zeitung". Er sieht nach ihren Angaben ein grundsätzliches Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, öffentlichen Verkehrsmitteln und Restaurants vor. Geraucht werden darf demnach nur in extra Raucherräumen, die durch Türen vom Nichtraucherbereich abgetrennt sein müssen. In Schulen sollen selbst diese Raucherräume verboten sein.

"Wir haben einen Weg gefunden, der den Nichtraucherschutz in Deutschland deutlich verbessert und der mehrheitsfähig ist", sagte Caspers-Merk. Von den geplanten Verboten ausgenommen sind der Politikerin zufolge Bars, Nachtclubs, Kneipen oder auch Bierzelte.

Caspers-Merk verteidigte die geplanten Ausnahmen. Ihr wären zwar weitergehende Lösungen lieber gewesen. Sie betonte aber: "Es macht keinen Sinn, jetzt eine Regelung festzulegen, die dann schon im Bundesrat scheitert oder später von Gerichten gekippt wird." Im übrigen stehe es den Ländern frei, die bundeseinheitliche Regelungen zu verschärfen. Nach Angaben von Caspers-Merk muss künftig schon von außen zu erkennen sein, worauf sich der Gast einstellen muss.

Rauchverbot an öffentlichen Orten in England ab Juli 2007

In England darf ab Anfang Juli nächsten Jahres in allen öffentlich zugänglichen Räumen nicht mehr geraucht werden. Gesundheitsministerin Patricia Hewitt gab dieses Datum in London bekannt. Das Verbot schütze zahllose Menschen vor den negativen Folgen des Passivrauchens und helfe Rauchern dabei, ihre Sucht zu überwinden. Ein ähnliches Verbot tritt in Wales am 2. April in Kraft.

Auch Schottland, Irland, Finnland, Italien, Spanien, Norwegen, Schweden, Südafrika, Neuseeland und mehrere US-Staaten haben das Rauchen in Kneipen, Restaurants, Kinos und anderen öffentlich zugänglichen Orten verboten. In England wurde das Rauchverbot im Februar vom Parlament verabschiedet. Änderungsanträge für Ausnahmen zugunsten von Pubs, in denen kein Essen serviert wird, wurden abgelehnt.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,451810,00.html

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Frische Luft in Restaurants

Frische Luft in Restaurants

Timot Szent-Ivanyi

BERLIN. Die jahrelangen Bemühungen um einen besseren Schutz der Nichtraucher in Deutschland haben eine wichtige Hürde genommen. Eine Arbeitsgruppe der Regierungskoalition von Union und SPD einigte sich gestern auf einen Kompromiss, der Grundlage für einen gemeinsamen Gesetzentwurf beider Fraktionen werden soll. Nach Angaben von Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) sieht der Vorschlag ein Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden, Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, öffentlichen Verkehrsmitteln und Restaurants vor. Geraucht werden darf nur in extra Raucherräumen, die durch Türen vom Nichtraucherbereich abgetrennt sein müssen.

Von diesem Grundsatz gibt es lediglich zwei Ausnahmen: In Schulen und Kindergärten soll ein totales Rauchverbot herrschen. Dort darf es also nicht einmal Raucherräume geben. Von den geplanten Verboten völlig ausgenommen sind dagegen Bars oder Kneipen: Hier darf wie bisher ohne jede Beschränkung geraucht werden. Damit wird Rücksicht auf Bedenken der Union genommen.

Bei der Einordnung der Gaststätten bezieht sich die Arbeitsgruppe auf das Gaststättengesetz: Es unterscheidet zwischen "Schankwirtschaften", in denen "Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden" und "Speisewirtschaften", in denen "zubereitete Speisen" serviert werden. Zu den Schankwirtschaften zählen nicht nur Bars oder Kneipen, sondern auch Bierzelte. Hier darf daher weiter geraucht werden, auch wenn Snacks oder ähnliches angeboten wird. Diskotheken werden allerdings von der Arbeitsgruppe aus Gründen des Jugendschutzes zu den Speisewirtschaften gezählt. Hier besteht daher bis auf die speziellen Raucherräume ein Rauchverbot.

In Restaurants gilt immer in dem Hauptraum, also dort wo die Theke steht, das Rauchverbot. Der Raucherraum muss daher immer zusätzlich eingerichtet werden. Nach Angaben von Frau Caspers-Merk muss künftig schon von außen zu sehen sein, worauf sich der Gast einstellen muss.

Die Arbeitsgruppe schlägt vor, die bundeseinheitliche Gesetzgebung mit dem Gesundheitsschutz zu begründen. Grundlage ist der Paragraf 74 des Grundgesetzes, der es dem Bund erlaubt "Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten" zu ergreifen. Allerdings gibt es dem Vernehmen nach in der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nach wie vor Bedenken gegen diesen Weg. Eine andere diskutierte Möglichkeit wäre, sich bei den Verboten auf den Arbeitsschutz für die Beschäftigten zu berufen.

Mit dem Gesetz will die große Koalition Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens schützen. Nach Expertenschätzung sterben in Deutschland jedes Jahr mehr als 3 000 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Der Ruf nach einer Neuregelung war laut geworden, nachdem zahlreiche andere europäische Länder zum Teil drastische Rauchverbote erlassen hatten.

(...)

Wahrscheinlich ist, dass der Vorschlag der Arbeitsgruppe noch in den Fraktionen von Union und SPD verändert wird. Die grundsätzliche Struktur des Kompromisses dürfte aber erhalten bleiben. Grüne und Linkspartei treten ebenfalls für einen verbesserten Nichtrauchschutz ein. Dennoch ist nach wie vor nicht sicher, ob es am Ende tatsächlich im Bundestag eine Mehrheit dafür gibt.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/608468.html